Mit Spazierengehen verbinde ich für mich persönlich vier Dinge: mit den Hunden zusammen sein, Bewegung, frische Luft und Entspannung.
Wie der Titel dieses Beitrags schon vermuten lässt, klappt es mit Punkt vier gegenwärtig nicht so richtig oder ehrlicher gesagt, gar nicht. Was waren das noch für Zeiten als ich mit Jackie und Yoschi durch den Wald lief. Wir waren ein eingespieltes Dreierteam. Insgesamt konnten wir im zügigen Tempo unsere Runden drehen, natürlich immer mal wieder und manchmal vielleicht auch zu oft unterbrochen von Yoschi, der an einer interessanten Stelle schnüffeln und markieren musste. Doch alles in allem lief es eben. Wir waren an der frischen Luft, meine Hunde und ich, bewegten uns und waren entspannt. Begegnungen mit anderen Hunden konnten schon mal etwas lauter werden, da Jackie seit einem Zwischenfall viele Jahre davor anderen Hunden gegenüber unsicher geworden war. Aber damit konnten wir drei gut leben.

Heute sind Spaziergänge für mich nicht mehr Entspannung, sondern Schwerstarbeit. Klar, wir sind an der frischen Luft wir vier und bewegen tun wir uns auch. Damit enden die Gemeinsamkeiten zu früheren Zeiten jedoch schon. Ab dem Moment, wo wir das Haus verlassen, beginnt für mich eine Zeit höchster Konzentration.
Um Yoschi brauche ich mir eigentlich keine Gedanken machen. Der läuft schön brav an der Leine nebenher, ganz entspannt, macht seine Pause hier und dort, um zu schnüffeln und zu markieren, und dann geht es im lockeren Tempo weiter. Und wenn ich ihn an die Automatikleine mache, sobald wir im Wald sind, wird die Sache mit ihm noch entspannter. Er bestimmt sein Tempo weitestgehend selbst und wir anderen drei werden kaum von ihm aufgehalten. Mal läuft ein wenig voraus, mal fällt er ein Stück zurück, legt dann an Geschwindigkeit zu und holt uns wieder ein. So muss das sein.
Mit Floppy und Little Amiga ist Entspannung unmöglich. Ständig muss ich die Augen einen halben Meter vor der Nase von Little Amiga haben, dass ich die Hinterlassenschaften anderer Hunde entdecke, bevor sie beherzt zulangen kann. Wenn sie mit einem Mal plötzlich in eine bestimmte Richtung irgendwo am Randstreifen zieht, kann das ein sicheres Indiz dafür sein, dass sie Witterung von einer besonders schmackhaft scheinenden Hinterlassenschaft eines Artgenossen aufgenommen hat. Dann heißt es doppelt wachsam sein. Nimmt auch Floppy diese Witterung auf, verhindere ich sofort, dass sie den Ursprungspunkt der Witterung erreichen. Manchmal zieht Little Amiga aber auch nur ins Gras, da sie Wasser lassen muss. Vorher weiß man das natürlich nicht, doch ich erkenne es sehr schnell, wenn sie das Hinterteil beginnt abzusenken. Dann ist in der Regel Entwarnung angesagt, außer sie platziert sich so geschickt wie heute, dass sie dann doch noch eine Kostprobe von einer sehr kleinen Hinterlassenschaft eines anderen Hundes nehmen konnte.
Nächster Punkt ist das Ziehen an der Leine. Überwiegend zieht sie mittlerweile nicht mehr so sehr und kann sogar sehr gesittet an der Leine laufen (gehe ich mit ihr alleine in die Stadt ist das gar kein Thema). Sind wir früh morgens im Wald und die Witterungen der wilden Tiere sind noch frisch, dann fällt es Little Amiga extrem schwer, beherrscht an der Leine zu gehen. Ihr Jagdtrieb ist einfach zu stark. Nimmt sie eine Witterung auf, will sie mit aller Macht zur Quelle laufen. Solange sie das Wild nicht sieht, ist sie still, und brummt lediglich im Brustkorb. Das klingt ganz interessant. Sobald sie aber ein Stück Wild sieht, ein Reh welches über den Weg springt oder auf einer Wiese davonläuft, gibt es für sie kein Halten mehr. Sie zieht und springt und bellt dabei in höchsten Tönen. Wie gerne würde sie jetzt von der Leine kommen und die Jagd aufnehmen. Es ist ihre Natur. Ich versuche sie zu beruhigen und nehme sie ins Sitz. Nach einer Weile wirkt dieses recht gut. Zwar brummt sie noch, doch sie wird nach und nach ruhiger. Gehen wir weiter und sie beginnt noch einmal zu ziehen, nehme ich sie wieder ins Sitz. Little Amiga hat sogar eine eigene Strategie entwickelt, ihre überschüssige Energie abzubauen. Sie läuft dann an der Leine Kreise neben mir. Leider denkt sie nicht immer an diese Möglichkeit. Ein Spaziergang kann so also insgesamt auch körperlich recht kräftefordernd sein, wenn man sie immer wieder stoppen und gegenhalten muss. Zwar haben wir auch schon Spaziergänge gehabt, wo ich sie in einem fort ins Sitz nahm, wenn sie zog, doch das kann man nicht immer machen. Da ist nämlich noch ein kleiner Floppy, der sich dann sehr langweilt und der außerdem friert.
Und damit wären wir bei Floppy. Sobald aus dem Haus sind, nehme ich ihn relativ kurz neben mich. Ihn direkt neben Little Amiga laufen zu lassen, ist keine besonders gute Idee. Sobald die beiden nebeneinander laufen, reicht die kleinste Kleinigkeit und schon beginnt Floppy in höchsten Tönen zu kläffen. Dieses richtet er an Little Amiga, in der Hoffnung sie direkt mit dabei zu haben. Und oft genug stimmt sie in das Tohuwabohu mit ein. Laut wird Floppy in verschiedenen Situationen. Einmal sind es Momente, in denen er sehr verunsichert ist oder sogar Angst hat. Das können Menschen sein, die dunkel gekleidet sind oder ungewöhnliche Kleidung tragen oder sich für sein Verständnis irgendwie ungewöhnlich bewegen. Der Angstfaktor kommt grundsätzlich bei allen Hunden ins Spiel. Manchmal reicht schon der Anblick eines Hundes in der Ferne, dass er aufgeregt anfängt zu bellen. Oft zieht er dann und will sogar zu dem Hund hin, und das obwohl er eigentlich furchtbare Angst vor fremden Hunden hat und ein größeres Interesse haben sollte, die Distanz zu ihnen zu vergrößern.
Floppy bellt auch immer, wenn er aufgeregt ist. Das ist der Fall, wenn wir in eine Straße kommen, von der er weiß, dass dort eine Katze wohnt. Solche Straßen gibt es leider nicht wenige. Am schlimmsten ist das Nachbardorf, in welchem es sehr viele Katzen gibt. Besonders bei einem Haus gibt es mindestens ein halbes Dutzend Katzen, eigene und fremde, die dort regelmäßig vor der Haustüre gefüttert werden. Der Gang durch dieses Dorf hat für mich schon fast den Charakter eines Spießrutenlaufens. Die Aufregung beginnt schon weit vor dem Dorf unter der Autobahnbrücke. Floppy weiß, es kommen viele Katzen. Er wird sehr aufgeregt und will seine Aufregung Luft machen und dafür kennt er nur eine Möglichkeit, bellen in höchsten Tönen. Für mich heißt das, die Hunde ins Sitz zu nehmen. Dann warte ich, bis sie sich beruhigt haben. Floppy bekommt noch eine extra Massage an der Schulter und beruhigende Worte. Er muss sehr dicht bei meinem rechten Bein laufen. Auch Little Amiga ist schon sehr aufgeregt wegen der Katzen. Bei ihr ist es der Jagdtrieb. Sobald sie eine Witterung aufgenommen hat und unruhig wird, überträgt sich dieses natürlich auch auf Floppy, dessen Blicke immer zwischen der Umgebung und Little Amiga hin und her gehen. Little Amiga ist für ihn ein wichtiger Signalgeber. Manchmal schaffe ich es tatsächlich, und Floppy bleibt ruhig. Doch dann kann es vorkommen, dass Little Amiga den ersten Ton von sich gibt und dann ist bei beiden kaum noch ein Halten. Es ist sehr mühsam, die beiden dann ins Sitz zu bekommen. Wir warten eine Weile und dann geht es weiter, manchmal nicht mal zwei Meter, bevor ich die beiden wieder ins Sitz nehmen muss. Auch das ist sehr anstrengend. Bevor ich fast ein viertel Jahr nicht zu Hause war, klappte dieses alles schon sehr viel besser. Jetzt musste ich hier fast wieder bei Null anfangen. An dem Haus mit den vielen Katzen sind wir bei den letzten Gängen durch das Dorf leider noch nicht einmal ohne Bellen vorbeigekommen. Der Lärm ist ohrenbetäubend, ruft mittlerweile aber kaum noch jemand hinter die Gardinen, um zu schauen was da draußen auf der Straße vor sich gehen mag.
Im Wald geht es weiter. Floppy selbst hat scheinbar keine so gute Nase, wenn es um Witterung in der Luft geht. Vielleicht setzt er die Nase hier auch nur nicht ein. Er ist sowieso sehr visuell gesteuert. Auf dem Boden nutzt er seine Nase allerdings schon, um Fährten zu verfolgen. Wie in der Situation mit den Katzen, so hat er bei Spaziergängen seine Augen auch immer wieder auf Little Amiga und beobachtet genau, wie sie sich verhält. Ist sie aufgeregt, zieht sie, brummt sie, hat sie eine Witterung in der Nase? Sobald er in ihre Nähe kommt, spätestens dann, beginnt er zu bellen. Sobald ich bei Little Amiga die Zeichen sehe, dass die Witterung in der Nase hat, schaue ich vermehrt auf Floppy. Hat er die Ohren nach vorne gestellt und schaut vermehrt zu ihr und hält sogar selbst einmal die Nase in den Wind, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er gleich von sich aus loslegt, selbst wenn er direkt neben mir läuft, groß. Also versuche ich direkt beruhigend auf ihn einzuwirken. Meist funktioniert das recht gut mittlerweile. Doch alles dieses erfordert fortwährende Beobachtung und Konzentration auf meiner Seite. Weniger gute Chancen, ihn ruhig zu halten habe ich, wenn Little Amiga es schafft, ihrerseits zu dicht zu ihm zu gelangen, um ihn mitzureißen. Sie sucht dann scheinbar Verstärkung für die Jagd, die sie nicht machen darf.
Permanente Aufmerksamkeit erfordert auch die dumme Angewohnheit, vor allem von Floppy, Rindenstückchen, Baumfrüchte wie Vogelbeeren und Steinbirnen, Kätzchen von Birken und Erlen und ähnlich aufzunehmen, nebst Rindstücken, und diese klein zu kauen und herunter zu schlucken. Sobald wir hier in Zonen kommen, wo interessante Objekte auf dem Weg liegen, muss ich doppelt und dreifach aufpassen, um Floppy oder gelegentlich auch Little Amiga dazu zu bringen, die Sache fallen zu lassen, wenn sie etwas aufgenommen haben.
Am meisten Kraft, körperliche Kraft, kosten Begegnungen mit anderen Hunden. Wo immer es möglich ist, versuche ich auszuweichen, um die Sache entspannt zu halten. Leider geht dieses nur selten. Dann beginnt zumeist Floppy zu bellen und Little Amiga ist sofort dabei. Manchmal ist es auch umgekehrt. Sobald Floppy dabei ist, ist Little Amiga in Bezug auf ihr Verhalten gegenüber anderen Hunden nicht mehr wieder zu erkennen. Der sonst so aufgeschlossen und freundliche Hund gebärdet sich wie wild und zieht an der Leine und bellt und stellt sich auf. Yoschi bleibt meist gelassen, bis zu einem bestimmten Punkt. Dann fällt auch er ein und bellt und zieht an der Leine. Passt der Hund in sein Angstschema Schäferhund (er wurde gebissen), ist er fast gar nicht mehr zu beruhigen. Ich habe dann meine liebe Mühe, die drei in Schach zu halten und außer Reichweite des Hundes, welchen wir passieren müssen.
Spaziergänge sind, das dürfte mittlerweile jedem klar geworden sein, der bis hierhin gelesen hat, für mich gegenwärtig leider überhaupt nicht entspannend. Das bedaure ich sehr, doch auf die Schnelle lässt es sich nicht ändern. Es wird noch viel Arbeit brauchen und Geduld, bis ich die beiden jungen Hunde so weit habe, dass wir ruhig und entspannt durch den Wald gehen können und dabei auch an anderen Hunden vorbeigehen können, ohne Tohuwabohu, dass Wild den Weg passieren kann, ohne dass die Meute in wildes Jagdgeheul ausbricht und dass ich nicht ständig Acht geben muss, wer von den beiden irgendetwas vom Boden aufnimmt, das er nicht soll.