Schlagwörter
floppy, Frust, Hunde, Leinenziehen, little amiga, Tierschutz, verhalten
Da liegt sie, die kleine Hundedame, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Drei Jahre ist Little Amiga jetzt bei mir. Unser bisheriger gemeinsamer Weg ist ein sehr holpriger gewesen. An sich ist sie ein sehr liebenswürdiger Hund, sehr freundlich, offen und auch zärtlich. Was will man mehr? Leider ist das aber nur die eine Seite von Little Amiga. Von Anfang an hatte sie auch andere Seiten.
Da war einmal die Sache mit dem Essenklauen. Zum Glück haben wir das mittlerweile im Griff. Sie bediente sich, wo sie konnte, sprang auf den Esstisch und sogar auf die Küchenschränke. Einmal nicht aufgepasst und sie schlang das Frühstücksbrötchen in sich hinein oder knabberte den Kuchen an. Es gelang mir auch nicht, ihr irgendwie begreiflich zu machen, dass dieses nicht OK ist. Egal, was ich probierte, sie machte weiter. Stellte ich mein Essen auf den Fußboden und blockierte es, kombiniert mit einem deutlichen “Nein”, verstand sie das. Sobald es aber um Essen auf dem Esszimmertisch oder Küchenschrank ging, verstand sie es nicht. In Folge mussten alle im Haushalt umlernen. Man konnte also nichts mehr stehen lassen. Saß man alleine am Tisch und musste man aufstehen, etwa um Floppy in den Garten zu lassen, musste man das Essen vom Tisch nehmen. Mittlerweile geht es. Aber es hat lange gedauert. Man kann durchaus mal etwas stehen lassen und sie geht nicht direkt daran. Vermutlich hat sie aufgegeben, da in der Regel nichts stehen bleibt. Wir passen aber immer noch auf, um sie nicht unnötig in Versuchung zu führen. Anstatt dass ich den Hund umerzogen habe, hat der Hund uns alle im Haus umerzogen. Toll!
Und dann ist da noch das Thema “Ziehen an der Leine”. Von Anfang an war das ein Problem. Und was habe ich nicht alles probiert, mit Konsequenz natürlich und nicht mal zwei Tage. Wenn ich etwas versuchte, dann mindestens zwei Wochen. Zunächst versuchte ich es mit einer Halsung und mit häufigen Richtungswechseln – keine Wirkung. Dann probierte ich es wochenlang mit Leine hinter dem Bein führen – keine Wirkung – außer dass die Haut oberhalb der Kniekehle vom Reiben von Stoff und Leine wund wurde. Wir versuchten es mit Stop und Go. Jedes Mal, wenn sie zog, blieb ich stehen. Erst wenn sie sich setzte, ging es weiter. Die Spaziergänge dauerten ewig – Erfolg gleich Null. Der nächste Versuch war, sie jeweils mit dem Körper zu blockieren, um sie dazu zu bringen, nicht vor mir zu laufen – keine Wirkung. Danach versuchte ich es mit Körperkontakt. Jedes Mal, wenn sie an mir vorbei wollte, stieß ich sie mit der Breitseite des Fußes an. Das war eine blöde Methode, die dazu führte, dass ich sie, wenn sie sich plötzlich schneller bewegte oder die Richtung änderte, fester traf als ich wollte. Wirkung gleich Null. Ich versuchte es auch mit der Stimme alleine. Das wirkte im Moment, war aber sehr anstrengend. Wirkung auf Dauer – keine. Mit einer Hundetrainerin versuchten wir es auch. Die empfahl Übungen durch einen Parcours, bei dem Little Amiga sich konzentrieren musste. Sie sollte zu mir schauen lernen. Bei jedem Blick zu mir, sollte ich sie mit einem Futterbrocken belohnen. Das funktionierte auf dem Trainingsgelände so gerade eben, im Wald jedoch nicht. Da interessiert sie Futter rein gar nicht (, es sei denn, sie findet es zufällig). Stehen bleiben und Fuß auf die Leine, bis sie sich beruhigt und erst dann weiter, brachte auch keine Besserung. Letztendlich war die Hundetrainerin irgendwann auch mit ihrem Latein am Ende, was Little Amiga angeht.
Wir hatten durchaus Zeiten, da war sie mal etwas ruhiger. Das war aber immer nur von beschränkter Dauer. Es gab mal eine Phase von zwei Wochen etwa, da war sie wie ausgewechselt. Sie ging bei mir, zog nicht, schaute zu mir. Warum sie so war, kann ich nicht sagen. Nach den zwei Wochen ging ihr Verhalten dann mehr und mehr wieder in die gewohnten Formen über.
Wenn wir mit dem Fahrrad unterwegs sind oder mit dem Tretroller, dann bleibt Little Amiga an meiner Seite und zieht nicht, selbst wenn sie rennt. Ich vermute, sie hat Respekt vor mir, wenn ich auf dem Fahrrad oder Roller bin, oder vor Fahrrad und Roller selbst. Auch wenn ich einen Stock in der Hand halte, selbst wenn es nur ein dünner vertrockneter Zweig einer Staude ist, dann bleibt sie bei mir. Dann aber ist ihr das vermutlich nicht ganz geheuer, vor allem, weil ich den Stock über ihrer Körperhöhe trage. Sie mag es auch nicht, wenn ich ihn mal durch die Luft zischen lasse.
Es ist so fast unmöglich mit Little Amiga spazieren zu gehen, ohne dass die Leine nicht gespannt ist. Mein Arm kann nie entspannt nach unten baumeln. Immer ist zumindest ein leichter Zug auf der Leine. Im Laufe des Spaziergangs nimmt er oft zu. Sind wir morgens mit dem Beagle aus der Nachbarschaft unterwegs, ist Little Amiga kaum auszuhalten. Sie ist angespannt und wartet auf die kleinste Spur oder das Krähen von Eichelhähern. Dann beginnt sie, wie wild an der Leine zu zerren, kläfft und springt hin und her. Zuweilen versucht sie, etwas Dampf abzulassen, indem sie an der Leine einen Kreis läuft, immer linksherum. An manchen Morgen dreht sie so gefühlte hunderte Male ihre Kreise. Das wechselt dann immer wieder mit Gezerre.
Ein entspannter Spaziergang ist mit Little Amiga schlichtweg unmöglich. Entweder sie zieht mal mehr und mal weniger oder sie zieht und springt wie irre hin und her und kläfft noch dabei oder sie dreht ihre Kreise. Es macht einfach keinen Spaß, mit ihr zu laufen. Vor allem morgens schmerzen mich regelmäßig die Schultern und das Genick. Verspannungen im Schulterbereich sind dadurch fast ein ständiger Begleiter.
Drei Jahre geht das schon so und es wird einfach nicht besser. Ich versuche immer, mit Ruhe und Gelassenheit an die Sache zu gehen. Da es aber keine Erfolge gibt, habe ich auch immer mal wieder Phasen, wo mein Nervenkostüm sehr dünn ist. Dann raste ich schon mal aus und schreie den Hund an, mit der Folge, dass Floppy sich erschrickt und an der Leine geduckt auf die größtmögliche Distanz geht. Gerade für Floppy ist ein Vertrauensverhältnis zu mir enorm wichtig. Durch meine Unbeherrschtheit, die immer wieder durchkommt, weil ich so frustriert bin mit Little Amiga, kommen wir da aber auch nicht weiter. Der kleine Mann kann einfach kein gutes Vertrauen zu mir aufbauen, wenn ich immer wieder unberechenbar für ihn laut werde und rumschreie, auch wenn es sich nie gegen ihn richtet.
Vor drei Wochen versuchte ich es bei Little Amiga dann mit der Methode Ignorieren. Das hatte ich mal bei Martin Rütter gesehen. Da war es um zwei aufsässige JRT gegangen. Ich nahm sie also normal mit zu den Spaziergängen, machte aber auch mal einige extra Gänge mit Floppy alleine. Beim Spielen im Garten ließ ich sie links liegen. Ich streichelte sie nicht, sprach nicht mit ihr, sah sie nicht an und begrüßte sie nicht. Einige Wochen davor hatte sie ihren Schlafplatz zu mir nach oben verlegt. Ich hatte sie gewähren lassen. Das änderte ich dann wieder und sie musste abends zurück in die Wohnung meiner Eltern, wo sie dann im Bett meiner Mutter schläft. Am zweiten Abend versuchte sie noch einmal, zu mir nach oben zu rennen zu ihrem Schlafplatz auf dem Sofa. Als sie merkte, dass ich das nicht zuließ, lief sie hinunter und versuchte es nie wieder. Little Amiga versuchte natürlich an den folgenden Tage auch, mit mir Kontakt aufzunehmen, mich zu begrüßen, mit zu spielen und das tat mir schon weh, das zu sehen. Aber ich blieb hart. Es sollte uns ja weiter bringen. Nach ein und einer halben Woche brach ich das dann ab. Es gab keine Verbesserung, was das Laufen an der Leine angeht, nicht die kleinste Veränderung. Eines hat sich aber schon verändert. Das Verhältnis von Little Amiga zu mir ist noch gestörter. Sie kommt kaum noch zu mir nach oben in die Wohnung, außer morgens vor dem Spaziergang, um mich zu begrüßen, und um sich das tägliche Kaustück abzuholen. Vorher verbrachte sie viele Stunde hier oben, selbst wenn ich nicht oben war. Das tut sie jetzt nicht mehr, weder wenn ich oben bin, noch wenn ich nicht oben bin. Sie verbringt die Zeit unten, alleine oder mit meiner Mutter. Es heißt ja immer, Hunde verzeihen uns unsere Fehler. Da merke ich hier nichts von. Folglich bin ich mit der Lage noch unglücklicher als zuvor.
Alles Mist! Kann ich nicht anders sagen. Ich bin unheimlich frustriert, was Little Amiga angeht. Eigentlich mag ich sie schon mit ihrem gewinnenden Wesen, doch wenn es um das Spazierengehen geht, da ist mir die Freude vergangen. Es stimmt an unserer Beziehung grundsätzlich etwas nicht. Auch wenn Little Amiga hier im Haus auf das, was ich sage, hört, wenn sie sogar bei den Spaziergängen zu mir schaut, wenn wir an eine Weggabelung kommen, so scheint das darüber hinaus nicht zu gelten. Von ihrer Art, das merkt man schnell, ist Little Amiga ein sehr dominanter Hund. Sie hat einen Blick, mit dem sie einen anschaut, wenn sie etwas will, der könnte Löcher in Wände schneiden.
Vermutlich werden viele Leute, die von Hunden Ahnung haben, wenn sie das hier lesen oder mich mit Little Amiga beobachten, sich kaputt lachen über meine Anstrengungen, meine Dummheit und meinen Frust. Ich bin mir ganz sicher, es gibt Menschen, die müssen nichts sagen, da geht Little Amiga einfach ordentlich und gesittet an der Leine, nur weil diese Menschen eine andere Ausstrahlung haben. Little Amiga kann nichts für ihr Verhalten. Es ist meinem eigenen Verhalten zuzuschreiben. Trotzdem bin ich immer wieder böse auf sie, auch wenn das natürlich Blödsinn ist. Ich kann mir aber einfach nicht helfen.
Viele andere Menschen hätten Little Amiga vermutlich schon ins Tierheim abgeschoben. So bin ich zum Glück nicht. Aber manchmal denke ich schon, dass es angenehmer wäre, wenn ich sie nicht hätte. Wie gesagt, ich mag sie eigentlich schon. Aber mein Verhältnis zu ihr hat schon gelitten und nach der letzten Aktion noch mehr, denn zu meinem Frust kommt nun noch ein schlechtes Gewissen gegenüber Little Amiga in Bezug auf die ganzen Dinge, die ich ihr im Laufe der Zeit angetan habe (siehe oben). So habe ich mir das alles nicht vorgestellt als ich sie vor drei Jahren aus Ungarn aus dem Tierschutz aufnahm. Ich bin ehrlich gesagt ratlos, was ich noch tun soll. Wie es aussieht, stehen mir noch viele Jahre Frust und Ärger und verspannte Schultern bevor mit Little Amiga. Tolle Aussichten …
Puh! Insgesamt ist das wirklich sehr frustrierend. Das Leinenzerren ist hier zum Glück nur 1 oder 2 Mal im Jahr ein durchgängig frustrierendes Thema, dann nämlich wenn mehr als 3 oder 4 Hündinnen mehr oder weniger gleichzeitig läufig sind und Yates und ich gar nicht mehr wissen, wohin. Da muss ich gestehen, dass ich ihm hin und wieder Unrecht tu. Wenn ich mir dann vorstelle, dass das das ganze Jahr über zum Standardverhalten gehörte… Ich mag es mir gar nicht ausmalen…
Hast du es eigentlich schon einmal mit einer Futterumstellung mit niedrigeren Energiewerten versucht? Das hat in Yates‘ Bekannten- und Freundeskreis bei einigen Hyperaktiven zu bemerkenswert mehr Ruhe und Ausgeglichenheit geführt. Little Amiga ist ja ein Energiebündel und, und das ist keine Nebensächlichkeit, ein Jagdhund, mit entsprechend gut ausgebildeten/angelegten Instinkten. Die zu kanalisieren ist eine Herkulesaufgabe (explizit nicht: Sisyphosaufgabe). Hier den richtigen Mix aus Obedience-/Konzentrationsspielen/-übungen und Energie abbauenden Runden/Spielen ist sicher nicht einfach, zumal sie eher selten sicher abgeleint werden kann. Dein Dilemma seh ich wohl, Yates trau ich in der Läufigkeitshochzeit auch nicht weiter als die Länge der Leine, selbst wenn sein Rückruf sonst ganz passabel ist (will heißen: gern mal noch kurz was erledigen, mitunter unterwegs die eine oder andere Ablenkung mitnehmen, schließlich doch auf die Tube drücken; aber auch: temporäre Taubheit, wenn bekannt Gutes [was auch immer das sein möge] in der Ferne lockt; deshalb durchaus noch ausbaufähig). Um zu verhindern, dass die Fellnase mal eben stiften geht, trotzdem genug Bewegungsfreiraum bekommt: wie wäre es, das auf einem eingezäunten (Schul-)Sport-/Bolz-/Tennis- oder Parkplatz zu üben? Im Idealfall mit zunehmend mehr Fellnasen.
Konsequentes Ignorieren kann, wie du geschrieben hast, ganz schnell nach hinten losgehen. Länger als eine Viertelstunde könnte ich mir das bei Yates gar nicht erlauben, obwohl (wohl auch weil) unser Vertrauensverhältnis sehr gut ist. Der dabei eminent wichtige Punkt ist, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, bei dem die Fellnase die Sanktion überhaupt noch mit ihrem Fehlverhalten verknüpfen kann und dem, der sie nur noch ratlos zurücklässt. Spätestens auf das 2. «Friedensangebot» der Fellnase muss meiner Meinung nach eingegangen werden, denn sonst wird nur ein Graben aufgerissen, der nur nach unverhältnismäßig langer Zeit wieder (notdürftig) wieder zugeschüttet werden kann und das Vertrauen auf noch wackligere/zerbrechlichere Füße stellt.
Das ist denn auch das Problem, das ich mit solchen Sendungen/Büchern/DVDs hab. Die gezeigten/beschriebenen Methoden mögen beim einzelnen Hund funktionieren, dürfen aber keinesfalls generalisiert werden. (Das gilt auch für Hundeschulen.) Wie wir Menschen hat auch jeder Hund seine eigene Persönlichkeit, bei Hunden kommt noch die Rasse mit den ihr ganz eigenen Charakteristika dazu. Einen GR kann und darf ich nicht wie z.B. einen Malinois erziehen, das würde der mir niemals verzeihen. Beim Mali hingegen ist der beim GR nötige, weichere Ton nicht immer die Methode der Wahl. Die größten Probleme hatten wir bis jetzt durchweg mit Ersthundehaltern von Chihuahuas/Maltesern/Yorkies, die zudem mein(t)en, auf die Welpen-/Hundeschule komplett verzichten zu können (1. Fehler: gerade im Welpen-/Junghundealter kein ausreichendes Kennenlernen anderer, auch größerer Rassen, 2. Fehler: da klein und verletzlich, kein sozialisierender Kontakt zu anderen Hunden, bis sie «groß» genug sind, aber da ist der Zug dann schon vorbei) und sich ihr Wissen durch die frei Haus gelieferten Sendungen angeeignet haben. – Das sind die, die ihre Fellnasen direkt beim Züchter gekauft haben.
Positiv überrascht werde ich allerdings immer wieder von Ersthundehaltern, die ihre Fellnasen aus dem Tierheim oder von der Tiernotrettung haben. Auch wenn sie in den seltensten Fällen über die Details der Vorgeschichte wissen können, scheinen sie doch ziemlich genau instruiert worden zu sein, worauf sie zumindest zu achten haben. Das sagen sie mir dann auch. Damit bekomme ich hinwieder ein paar Parameter an die Hand, mit denen ich die ersten paar Treffen steuern kann und die neuen Fellnasen wieder Vertrauen zu anderen Fellnasen fassen können.
Hm… Sorry, das war jetzt (fast) ein eigenständiger Post…
Danke für die ausführliche Rückmeldung. Das mit dem Ignorieren war eigentlich in dem Sinne gedacht, ein Hund ignoriert einen anderen, wenn dieser ersterem auf die Nerven geht bzw den nötigen Respekt missen lässt. Das sah ich nicht nur bei Rütter, sondern las es auch an anderer Stelle (Maya Nowak). Es war nicht als Bestrafung gedacht, sondern als ein Zeichen – solange du mich nervst, hier mit respektlosem Verhalten an der Leine, solange interessierst du mich nicht.
Ich werde natürlich am Thema Vertrauen arbeiten und vermutlich kommt sie dann auch wieder von alleine rauf zu mir. Leider nur ändert das dann nichts am Ziehen.
Meinem Gefühl nach ist das bei ihr wirklich eine Beziehungs- bzw. Respektfrage.
Ich denke, dass Little Amiga durch das erzwungene Getrenntsein von dir verunsichert ist. Deswegen zieht sie im Moment den unteren Bereich vor. Du brauchst viel Geduld, um ihr Vertrauen wieder zu erlangen, aber es wird dir gelingen, da bin ich mir sicher ! Lass ihr Zeit – das sagt mir einfach mein Bauchgefühö
Bauchgefühl sollte das heissen 🙂