Cesar Millan und Maya Nowak sind beliebt bei vielen Hundebesitzern, die ihre Sendungen im Fernsehen verfolgen. Beide sind allerdings auch gleichermaßen umstritten unter Hundefreunden und Menschen, die sich mit der Ausbildung und Erziehung von Hunden beschäftigen. In der Regel wird beiden Hundeflüsterern, dem Amerikaner, Cesar Millan, wie der Deutschen, Maya Nowak, vorgeworfen, von falschen Grundvoraussetzungen auszugehen.
Beide haben eines gemein. Sie haben Hunde intensiv beobachtet, Cesar Millan seit seiner Kindheit in Mexiko und Maya Nowak während ihres Lebens in einem abgelegenen russischen Dorf. Beide haben verfolgt, wie Hunde in ihrem Sozialgefüge untereinander ihr Zusammenleben regeln. Daraus haben sie ihre Methoden zur Korrektur von Verhaltensproblemen bei Hunden abgeleitet. Cesar Millan Hat sich unter anderem auch stark am Umgang von Hundemüttern mit ihrem Nachwuchs orientiert. Für beide ergeben sich daraus mehrere grundlegende Tatsachen, die ihre eigenen Methoden bestimmen. Hunde benutzen untereinander keine verbalen Kommandos. Sie kennen lediglich verschiedene Lautäußerungen wie Wellen und Knurren, die sie einsetzen können. Außerdem arbeiten Hunde untereinander auch nicht mit Leckerchen, um bei anderen bestimmte Verhaltensänderungen zu erreichen. Stattdessen verfügen sie über ein Repertoire von Körpersignalen und Gebärden teils in Kombination mit Lautäußerungen, mit welchen sie anderen Hunden ihre Absichten verständlich machen. tTeilweise setzen sie auch direkten körperlichen Kontakt ein. Dazu gehören der Einsatz des gesamten Körpers, der Pfoten und das Mauls.

Foto: Who ya calling Alpha? – Alan Levine, CC BY SA
Cesar Millan und Maya Nowak versuchen nun von ihrem Ansatz her Hunde auf die gleiche Art und Weise zu Verhaltensänderungen zu bewegen, wie dieses auch Hunde untereinander tun würden, natürlich abgewandelt auf die Möglichkeiten des Menschen. Bei Cesar Millan bedeutet dieses nicht, dass er etwa Methoden wie die positive Verstärkung ablehnt. Je nach Situation nutzt er auch diese, setzt jedoch überwiegend auf die Methode Hund. Beide Hundeflüsterer gehen davon aus, dass Hunde Rudeltiere sind und es dominante Tiere gibt und solche, die sich unterordnen. Der Mensch muss bei beiden die dominante Rolle spielen und der Hund die untergeordnete. Da Hunde keine Belohnung kennen, können sie nicht erwünschtes Verhalten anderer Hunde nur hemmen. Entsprechend hemmt der Mensch unerwünschtes Verhalten bei Hunden. Im Laufe der Erziehung soll der Hund lernen, dass er sich unterzuordnen hat und dem Menschen folgen muss.
In dem Beitrag „Dominanz bei Hunden: ist das Konzept des Alpha Hundes gültig?“ beschäftigt sich der Professor der Psychologie Stanley Coren von der Universität von Britisch Columbia genau mit der Frage, ob Cesar Millan mit seinem Ansatz richtig liegt oder nicht.
Zunächst einmal fragt er sogar, ob ein Mann wie Cesar Millan, der sich Hundeflüsterer nennt, diesem Titel eigentlich gerecht wird. Vorher gab es die Pferdegeflüster und die zeichneten sich durch eine Abkehr von Gewalt im Umgang mit schwierigen und aggressiven Pferden aus. Er zitiert verschiedene Profis aus dem Bereich des Hundetrainings, welche die Methoden von Cesar Millan als obskur, gewalttätig und technisch unsauber bezeichnen.
Cesar Millan ist eine Seite der Medaille. Grundsätzlich möchte Stanley Corden aber vor allem die Frage klären, ob das Konzept des Alpha Hundes überhaupt stimmig ist. Das ursprüngliche Konzept geht auf Konrad Lorenz zurück, der 1949 in dem Buch „König Salomons Ring“ die Beobachtungen, welche er an seinen eigenen Hunden machte, dokumentierte. Aus seinen Beobachtungen schloss er, dass das Verhalten von Hunden untereinander wie auch das Verhalten von Menschen und Hunden durch Dominanz und Unterordnung bestimmt ist. Die Vorstellungen von Wissenschaftlern wie Konrad Lorenz wurden sicherlich auch deutlich durch die in ihrer Zeit verbreiteten Vorstellungen beeinflusst. Bei Konrad Lorenz könnte dazu die Ausbildung von Hunden durch das deutsche Militär gehören. Und dort waren Zwang und Ausübung von Gewalt die bevorzugten Mittel, um das Verhalten von Hunden zu kontrollieren. Auch die Beobachtung des Verhaltens von Wölfen in ihrem Rudel schien diesen Ansatz zu unterstützen. Der so genannte Alpha Wolf führt durch Gewalt und Einschüchterung. Später, so Professor Coren, erkannte die Forschung jedoch, dass dieses so nicht zutrifft. In einem Wolfsrudel gibt es keine Machtkämpfe, wie man sich dieses früher vorstellte. Vielmehr verlassen Wölfe in einem bestimmten Alter ihr Rudel, und Gründen eine Familie und damit ein neues Rudel, dessen Führung sie als Eltern übernehmen. Dabei geben die Eltern gewisse Regeln vor und die Jungtiere regeln den Rest unter sich. Von daher möchte man heute auch nicht mehr von Alpha Tieren sprechen.
Hunde sind keine Wölfe und von daher müssen Beobachtungen an Wölfen auch nicht bei Hunden wiederzufinden sein. Ein Italiener untersuchte so beispielsweise das Verhalten von Gruppen von Streunern. In einem Rudel, welches aus 27 Hunden bestand, gab es beispielsweise sechs Hunde, die im Wechsel das Rudel führten. Jedoch mindestens die Hälfte aller erwachsenen Hunde übernahmen zeitweise Führungsrollen. Die Hunde, die gewöhnlich das Rudel führten, waren in der Regel älter und erfahrener, jedoch nicht unbedingt die dominantesten Hunde. Es schien geradezu als erlaubte das Rudel einzelnen Hunden, die Führung zu übernehmen, die je nach Situation dem Rudel dadurch am besten dienen konnten.
Wenn dieses zutrifft, beruhen die Konzepte von Cesar Millan und vielen andern Hundetrainer, die militärähnliche Konzepte der Sozialhierarchie von Hunden nutzen als Grundlage der Hundeausbildung und Problemlösung auf falschen Voraussetzungen. Vielleicht, so schlussfolgert Professor Coren, sollte man bisher übliche Formen von Hundeausbildung und Obedience Training überdenken und verändern in Richtung Positives Training. Nach dieser Schule kontrolliert man das Verhalten eines Hundes mehr über das, was ein Hund braucht und möchte, Futter und soziale Interaktion, als über die Anwendung von Gewalt, um eine Dominanz über den Hund zu erlangen, die seinem Wesen überhaupt nicht entspricht. Durch diese Art das Verhalten eines Hundes zu verändern, erreicht man die gleichen Verhaltensänderungen wie durch eine Dominanz, welche durch physische Gewalt und Einschüchterung erreicht wird. Allerdings geht es beim Positiven Training eher darum, beim Hund an Status zu gewinnen. Dem Hund sollte es dann leicht fallen, sich von jemandem leiten zu lassen, der einen höheren Status hat, der auf Respekt und der Erwartung von Belohnungen basiert als auf Angst.

Foto: Dog training: trying some sports – Marjolein CC BY
Grundsätzlich möchte ich diesen Überlegungen schon zustimmen, wenngleich ich deswegen Cesar Millan und Maya Nowak nicht komplett ablehnen will. Gewalt gegenüber Hunden lehne auch ich ab, wenngleich ich ganz ehrlich zugeben muss, auch schon einmal etwas gröber gegenüber meinen Hunden gewesen zu sein. Es braucht viel Geduld bei der Erziehung von Hunden und man sollte dabei absolut ausgeglichen sein. Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, dass man mit einer Kombination verschiedener Methoden durchaus gute Ergebnisse erzielen kann. Selbst bin ich sehr offen und tue mir sehr schwer damit, irgendetwas komplett abzulehnen und zu verurteilen. Cesar Millan ist mir von daher eigentlich sehr sympathisch, da auch er offen ist für verschiedene Methoden und diese beispielsweise in einem seiner Bücher wie auch einer seiner DVDs vorstellt. Jede Methode hat vermutlich irgendwo ihre Berechtigung. Es hängt sicherlich sehr von der Situation und vom Fall, um den es geht, ab.
Für mich ist es auf jeden Fall ein Punkt, mit dem ich mich in Zukunft weiter beschäftigen werde.
Quelle: Canine Dominance: Is the Concept of the Alpha Dog Valid? (2010)
siehe auch: What Is Positive Training?